... ist gewachsen
... eine kurze Geschichte der Zeit ...1907 bis in die 1970er Jahre: Von der Gipsplatte zum Regenmantel.
Der Gebäudekomplex, der sich rund um einen zentralen Innenhof zieht, wurde 1907 vom Konstanzer Architekten Martin Sauter als Gipsplattenfabrik geplant. 1909 zog das "Konstanzer Duroplattenwerk" in das nun fertiggestellte Industriebauwerk ein, das 1914 von der Familie Stromeyer als "neues Werk" übernommen wurde. Stromeyer produzierte damals alles, was mit Zeltplanen und Zeltstoffen zu tun hatte, bis hin zum grellgelben Regenmantel. Nach der Ölkriese und Umsatzschwierigkeiten in den 60er- bzw. 70er-Jahren kam schließlich das Aus, denn Öl war für die Produktion der wasserfesten Planen und Stoffe der entscheidende Grundstoff.
Die 1980er Jahre: Wilde Mieter und subversive Partys. In den großen, leerstehenden Hallen des Neuwerks siedelten sich bald die ersten Handwerker, Künstler und Bands an. Partys und Konzerte wurden veranstaltet, eine lebhafte Szene entstand - zunächst alles natürlich nicht offiziell. Mitte der 80er Jahre wurde das Gebäude vom Bundesvermögensamt (BVA) erworben, welches die Räume dann offiziell vermietete und das mit Erfolg. Denn große und helle Räume waren und sind in Konstanz Mangelware. Das BVA investierte allerdings nicht mehr in die Instandhaltung des Gebäudes, geplant war der Abriss als Ausgleichsfläche bei Baubeginn der B33. 1997 flatterten die Kündigungen ins Haus - hier ein lesenswerter Auszug:
"Der Gebäudekomplex ist absolut unübersichtlich gegliedert, die einzelnen Nutzungseinheiten, welche zum Teil durch unkontrollierte Untervermietung weitergegeben wurden, sind zum Teil nur durch Spanplatten voneinander getrennt oder durch Wand- und Deckeneinbrüche miteinander verbunden. Die wenigen vorhandenen sanitären Anlagen sind in einem völlig verwahrlosten Zustand. Es ist daher eine dringende Forderung des Brandschutzes, die derzeitige Gebäudenutzung so schnell als möglich zu beenden, das Gebäude zu leeren, auszukernen und letztendlich abzubrechen."
Wir wussten zwar nicht, inwieweit verwahrloste Toiletten den Brandschutz beeinträchtigen. Wir wussten nur, dass wir "unser Neuwerk" nicht so einfach aufgeben würden. Der Rest ist Geschichte. Die Geschichte der Neuwerk Genossenschaft.